Tommi Hirsch - Der Schreiner und die Gene

Veröffentlicht am 20. Februar 2003 von Roman
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Zwei Quereinsteiger versuchen sich seit vorigem Sommer als Caterer, kochen im Marchfeld barock und in Margareten so gut wie sonst niemand.

Da heißt es immer, in Wien gäbe es keine Geheimtipps mehr. Das kleine Lokal namens Tommi Hirsch zum Beispiel wird den Geheimtipp-Kriterien so sehr gerecht, dass es schon fast gewollt wirkt: Erstens kennt die beiden Protagonisten, Thomas Hirsch und Walter Kleinhaufer, kein Mensch (beislmäßig gesehen), und das deshalb, weil Ersterer eigentlich Genetiker ist, Zweiterer sechzehn Jahre eine Schreinerei hatte, bis er bei Markus Billig in der Pasteria anfing, dort aus unterschiedlichen Gründen aber wieder aufhörte. Und mit Hirsch vorigen Sommer dann ein Catering-Unternehmen begann, dessen Hauptattraktion darin besteht, Wildküche von Schloss Niederweiden im Marchfeld eventmäßig nach original barocken Rezepturen (mit relativ viel Honig und Gewürzen!) zu bekochen.

Zweitens - in Sachen Geheimtipp auch nicht gerade unwesentlich - befindet sich das seit vorigem November existierende Lokal der beiden am Zentaplatz in Margareten, und der ist jetzt halt weder Hochfrequenzlage noch eines der urban angesagten Zentren der Stadt.

Drittens kümmerten sich die beiden bisher noch kein Deka um irgendeine Werbung oder andere Bekanntmachung des Schaffens, überlassen alles der Mundpropaganda. Die da viertens auch sehr positiv bemerkt, dass man hier im Outback um die Hälfte dessen essen kann, was derzeit in der Innenstadt verlangt wird. Und fünftens, nicht wirklich schlechter, sondern im Gegenteil.

Mit der Einrichtung ihres Lokals hielten sich Hirsch und Kleinhofer einstweilen noch ziemlich zurück, eine Vitrine mit feinem Käse, diversen Schinken, Antipasti und gezüchtetem Kaviar aus Italien bestreitet optisch die Hauptrolle, ein Weinregal gibt's auch noch. Mit den Frühlingsrollen sollte man übrigens nicht starten, die sind ein bisserl teiglastig und fad, wengleich die selbst gemachte Chili-Honig-Reiswein-Sauce das ihre durchaus beiträgt (€ 4,50). Da nehme man doch besser die Fischbeuschelsuppe mit Croutons, die nämlich absolut großartig ist und vor Innereien des Karpfens nur so strotzt, und die Croutons sind auch gut, und überhaupt gibt es nur wenig Fischbeuscelsuppen dieser Güte, muss man sagen (€ 2,50). Und auch wenn's Wildragout (€ 6,90) und Ossobuco (€ 8,90) gab, so gab es eben auch ein Filet vom Red Snapper, das Hirsch beim Eishken Estate, dem allerbesten Fischhändler des Landes, erworben und nur ganz kurz angebraten hatte und dann am glühend heißen Teller fertig ziehen ließ. Dazu eine Art Salat aus Avocado, gebratener Mango, Kirschtomaten und Jungzwiebeln, bist du deppert, war das gut (€ 11,90)!

Besser wird man um diesen Preis in Wien wohl nie mehr essen - also hingehen, solange das Tommi Hirsch so ist, wie es jetzt ist.
(Quelle: Florian Holzer)

Tommi Hirsch
5, Stolbergg. 23b
(1) 907 60 75
Mo-Fr: 10-18
Sa: 10-13

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